Orientierungs- und Mobilitätstraining für Blinde
Wie finde ich den Eingang zum Supermarkt oder zu meiner Haustür, wenn ich wenig oder gar nichts sehe? Für blinde oder sehbehinderte Menschen sind Alltagssituationen wie ein Stadtbummel nicht gerade einfach, doch mit dem Orientierungs- und Mobilitätstraining kann eine Person trotz eingeschränkter Sehkraft mobil sein und sich zurechtfinden.
Dieser Artikel zeigt, wie blinde Menschen ihren Alltag mit Hilfsmitteln sicher und selbstständig meistern.
Inhalt:
- Mobilität und Orientierung trotz Blindheit oder Sehbehinderung
- Trainingsangebote, um die Mobilität zu fördern:
- Bewährte Orientierungshilfen im Alltag – ein Überblick
- Technische Hilfsmittel einsetzen
- Praktische Apps – Navigieren mit dem Smartphone
- Mobilität bedeutet Freiheit
- FAQ – Deine wichtigsten Fragen zur Mobilität und Orientierung
Mobilität und Orientierung trotz Blindheit oder Sehbehinderung
Wer schlecht oder gar nicht sieht, fühlt sich oft unsicher, weshalb sich einige blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen zurückziehen. Es gibt jedoch einige praktische Hilfsmittel und das Orientierungs- und Mobilitätstraining für Blinde, die dabei helfen, auch ohne gute Augen mobil zu sein.
Dank solcher Angebote zur Orientierung und Mobilität ist ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben möglich.
Hilfsmittel und Trainingsangebote sind mit Kosten verbunden, die Deine Krankenkasse in der Regel übernimmt. Für die Kostenübernahme ist ein Antrag mit erforderlichen Nachweisen wie einer ärztlichen Bestätigung, dass eine Blindheit oder Sehbehinderung vorliegt, einzureichen. Meist ist der Mobilitätslehrer dabei behilflich.
Falls die Schulung in einem beruflichen Kontext benötigt wird, kann es auch sein, dass andere Kostenträger wie die Agentur für Arbeit die Kosten übernehmen.
Trainingsangebote, um die Mobilität zu fördern:
Das Orientierungs- und Mobilitätstraining (O&M)
Das sogenannte Orientierungs- und Mobilitätstraining, kurz O&M, ist eine Schulung, bei der Du als blinde oder sehbehinderte Person lernst, wie Du Dich orientierst und sicher bewegst.
Unter anderem werden diese Fragestellungen beantwortet:
- Wie kann ich mobil bleiben?
- Wie lese ich eine taktile Karte?
- Wie benutze ich einen Langstock?
- Wie kann ich eine Straße sicher überqueren?
- Wie kann ich mich sicher an unbekannten Orten bewegen?
- Welche Blindenleitsysteme helfen mir bei der Orientierung?
- Wie erkenne ich plötzlich auftretende Hindernisse wie Stufen?
- Wie verwende ich ein Monokular oder mein Smartphone richtig?
Mit dem O&M gewinnen blinde Menschen an Freiheit, da sie lernen, sich trotz Einschränkung sicher zu bewegen und zu orientieren.
Die Schulung findet in kleinen Gruppen oder als Einzelschulung statt. Der Rehabilitationslehrer (Mobilitätstrainer) schneidet die Inhalte spezifisch auf die Teilnehmer zu, sodass beispielsweise der Weg zum Supermarkt vor Ort geübt werden kann. Auch eine Begleitperson kann geschult werden und Techniken, die beim Umgang mit einer blinden Person hilfreich sind, lernen.
Weiterführende Angebote zur Vertiefung
Das Orientierungs- und Mobilitätstraining dient als Grundlage. Weitere Mobilitätstrainings für Blinde und Beratungsangebote behandeln tiefergehend ein Themengebiet. Es gibt beispielsweise immer mal wieder Neuentwicklungen wie elektronische Orientierungshilfen, die erklärungsbedürftig sind. Auch individuelle Sicherheitstrainings, um Dein Sicherheitsgefühl zu erhöhen, sind möglich.
Bewährte Orientierungshilfen im Alltag – ein Überblick
Ein Schwerpunkt des Orientierungs- und Mobilitätstrainings ist zu lernen, wie es möglich ist, sich sicher auf öffentlichen Wegen zu bewegen. Diese vier Orientierungshilfen sind dabei sehr nützlich:
- Blindenstock:
Mit dem Blindenstock lassen sich Hindernisse, wie Bodenunebenheiten (z.B. Schlaglöcher oder Stufen) erkennen. Im O&M lernst Du als blinde oder sehbehinderte Person, den Umgang mit diesem Hilfsmittel. Ausführliche Informationen: Blindenstock kaufen und beantragen - Blindenhund:
Ein Blindenhund ist ein treuer Begleiter, der blinde Menschen sicher über Wege führt. Ausführliche Informationen: Blindenführhund - Blindenleitsysteme:
Im öffentlichen Raum sind Blindenleitsysteme – Wegweiser für Blinde – unverzichtbar. Spezielle Bodenplatten mit Noppen und Rillen geben Hinweise. Sie zeigen den Weg zum Bahnsteig oder warnen vor Treppen. Die Rillenstruktur zeigt beispielsweise die Laufrichtung an und die Noppen markieren unter anderem Hindernisse und Zielpunkte. Die genaue Bedeutung der „Bodenindikatoren“ lernst Du im O&M. - Akustische Signale: Einige Ampeln haben ein akustisches Blindensignal verbaut, das anzeigt, wann die Ampel grün ist. Das Signal wird mit einem Knopf aktiviert, der sich an der Unterseite des gelben Kästchens an der Ampel befindet.
Mit dem öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) mobil sein
Der ÖPNV ist für viele blinde Menschen ein wichtiger Baustein der Mobilität. Durch das O&M lernst Du, Haltestellen und Buslinien zu erkennen, Fahrpläne zu verstehen und sicher ein- und auszusteigen.
Beförderungsangebote nutzen
Neben Bus oder Bahn zu verwenden kannst Du Dich auch befördern lassen.
- Krankenfahrt: Für einen medizinisch notwendigen Arztbesuch oder Aufenthalt im Krankenhaus, kannst Du eine Krankenbeförderung bei Deinem Hausarzt anfragen. Ein Taxi holt Dich dann zu Hause ab. Die Kosten werden von der Krankenkasse in Einzelfällen übernommen, wenn beispielsweise ein Pflegegrad von 3 bis 5 vorliegt.
- Blindenmobil: In einigen Großstädten wie Hamburg, Berlin oder Köln kannst Du einen kostenlosen Fahr- und Begleitservice verwenden, der Dich bei Behördengängen oder einem Arztbesuch unterstützt.
- Taxi: Mit dem Blindengeld kannst Du auch Taxifahrten finanzieren. Viele Fahrer sind hilfsbereit und helfen beim Ein- und Aussteigen.
Technische Hilfsmittel einsetzen
Neue Technik besitzt für sehende Menschen oft einen Unterhaltungsfaktor. Für blinde Menschen ermöglicht Technik, besser am Leben teilzunehmen, da smarte Geräte eine Hilfestellung sind, um sich zu orientieren und mobil zu bleiben.
Eine Übersicht praktischer Hilfsmittel:
- VoxiVision: Es handelt sich um ein mobiles Lesegerät, das Texte vorliest und auch übersetzt. Du kannst somit Anzeigen, Speisekarten oder Fahrpläne vorlesen lassen, damit Du beispielsweise weißt, wann Dein Bus oder Deine Bahn kommt.
- GoSense Rango: Mit Technik wie dem GoSense Rango lässt sich Dein Blindenstock erweitern, um Hindernisse zu erkennen, die sich nicht direkt am Boden befinden.
- Feelspace Navigürtel: Sehr praktisch, um sich in unbekannten Gegenden zu orientieren, ist ein Navigationsgerät. Der Gürtel vibriert und zeigt Dir so die Richtung an.
- WeWalk: Ein intelligenter Blindenstock, der Fragen beantworten kann? Das ist mit WeWalk möglich. Gerade das Reisen wird deutlich angenehmer, da Du den Sprachassistenten einfach nach dem Weg fragen kannst.
- Fledermaus Orientierungshilfe: Fledermäuse nutzen Ultraschall zur Orientierung. Mit etwas Technik kannst Du dies nun auch. Das Gerät zeigt Dir unter anderem die Abstände zu Objekten in Deiner Umgebung an und sagt Dir, wenn sich ein Mensch Dir nähert.
- NOA: Das smarte Assistenzsystem, mit dem Du Routen planen und unterwegs abrufen kannst. Du erhältst beim Gehen Anweisungen, um den Weg zu finden.
- TAMI: Die Hightech-Brille verwendet Sensoren, um Dir die Navigation zu erleichtern und Dich vor Gefahren zu warnen.
Praktische Apps – navigieren mit dem Smartphone
Smartphones sind wahre Alleskönner – auch für blinde Menschen. Mit den richtigen Apps kannst Du Dich überall orientieren und sicher unterwegs sein.
Eine Übersicht nützlicher Apps:
- Ampelpilot: Die App hilft Dir, Ampelphasen zu erkennen. Sie zeigt Dir in Echtzeit an, ob die Ampel rot oder grün ist.
- Blindsquare: Die App nutzt GPS, um Dich punktgenau zu navigieren und wichtige Orientierungspunkte anzusagen. Der digitale Stadtplan ist ideal, um sich in Städten zurechtzufinden.
- Seeing AI: Texte, Gesichter, Farben und sogar Geldscheine werden erkannt und beschrieben. Mit der App bist Du bestens informiert.
- Google Maps: Der bekannte Routenplaner bietet für Blinde eine sprachgesteuerte Navigation, die Dich sicher ans Ziel bringt.
Mobilität bedeutet Freiheit
Mobilität ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben, trotz Einschränkung. Blinde und sehbehinderte Menschen müssen sich nicht zurückziehen und zu Hause bleiben, sondern können mit den richtigen Hilfsmitteln selbstbewusst durch die Welt gehen. Das Orientierungs- und Mobilitätstraining bildet das Fundament für diese Freiheit.
FAQ – Deine wichtigsten Fragen zur Mobilität und Orientierung
Wie orientieren sich blinde Menschen im Straßenverkehr?
Blinde Menschen nutzen eine Kombination aus Hilfsmitteln wie Blindenstock, Blindenleitsystemen und der Unterstützung ihrer Sinne. Geräusche, Gerüche und Vibrationen helfen, den Verkehr einzuschätzen. Dazu kommt das Orientierungs- und Mobilitätstraining, das Sicherheit gibt.
Wie orientieren sich blinde Menschen im Alltag?
Blinde Menschen nutzen vor allem ihr Gehör und ihren Tastsinn. Geräusche helfen, die Umgebung einzuordnen. Mit dem weißen Langstock tasten sie Hindernisse ab. Mit etwas Übung ist es auch möglich, sich an unbekannten Orten sicher zu bewegen.
Wer übernimmt die Kosten für das Mobilitätstraining für Blinde?
Die Kostenübernahme erfolgt über die Krankenkassen, wenn eine ärztliche Notwendigkeit gegeben ist. Selten übernehmen die Kosten andere Kostenträger.
Wie lange dauert das Mobilitätstraining?
Die Schulung passt der Mobilitätstrainier an die persönlichen Fähigkeiten der blinden oder sehbehinderten Person an. Je nachdem, wie hoch das Sehvermögen ist oder ob schon Wissen vorhanden ist, dauert das Training zwischen 20 und 60 Stunden.
Wie navigiert man, wenn man blind ist?
Blinde Menschen verwenden spezielle Hilfsmittel, um zum Beispiel Treppenstufen zu ertasten. Smartphone-Apps oder elektronische Geräte können Anweisungen geben, wo es langgeht.